Schon seit ein paar Jahren faszinieren mich alte Mountainbikes und allgemein Retro-Bikes. Angefangen bei den schlanken Stahlrohren, über die Schlichtheit und Funktionalität der zeitgemäßen Komponenten bis hin zum genialen Design. Neon-Farben und überhaupt wilde Farbkombinationen getreu dem Motto „alles ist erlaubt“, waren schon damals für mich das wichtigste und meist auch Kaufargument. So war es auch beim folgenden Raleigh „Lambada“ Projekt.
So ganz genau kann ich es nicht mehr zuordnen, doch sollte es zwischen 1991 und 1993 gewesen sein, als meine Schwester ein neues Mountainbike zum Geburtstag bekam. Ein Raleigh „Lambada“ in Größe 16″/17″. Ich selber hatte mir von meinem Ferienjob-Geld vor kurzem ein rotes Centurion gekauft, welches ich schon einige Tage lang in einem Schaufenster in der Fuldaer Innenstadt bewundert hatte. Das Mountainbike begleitete mich eine lange Zeit und ich fuhr viele tolle Touren durch die Region. Auch ins nahegelegene Freibad oder in die Schule brachte mich das Bike immer zuverlässig und ich baute immer mal wieder einen Extraschlenker durchs Gelände ein.
Als wir zu dieser Zeit begannen, die ersten Trails (damals nannte man es einfach nur Strecken) und Sprünge in den nahegelegenen Wald zu bauen, lieh ich mir auch ab und an das Raleigh meiner Schwester aus. Das „Lambada“ war kleiner als mein Centurion und für die Faxen und Trickserei im Wald etwas besser geeignet. So lernte auch ich das fesche orange, lila neon Rad zu schätzen. Auch mein Fahrstil und meine ersten Erfahrungen mit Sprüngen usw. wurden teils durch das Raleigh beeinflusst. Und ja, es gab auch ab und an Ärger mit meiner Schwester, wenn sie das Bike dann doch etwas zu dreckig in der Garage vorfand ;)
Die Jahre vergingen, ich beendete die Schule, zog nach Göttingen, begann mein Studium, meine Schwester verkaufte das Raleigh an einen Schulfreund, ging nach Mainz und die Räder und Mountainbikes kamen und gingen. So geriet ihr tolles erstes, richtiges Mountainbike in Vergessenheit. Also ich dann viele Jahre später meine Eltern in Hessen besuchte, stolperte ich über ein altes Fotoalbum mit einigen Erinnerungen an die ersten Mountainbike Jahre im Vogelsberg. Und dann blieb mein Blick an einem Bild hängen, welches meine Schwester auf ihrem Mountainbike zeigte. Das Raleigh Lambada. Da ich wie schon erwähnt ein Freund von neonfarbenen Rahmen bin, war meine Faszination geweckt und ich beschloss, mal wieder ein neues Retrobike Projekt zu starten.
Zuerst einmal machte ich mich auf die Suche nach dem Bike oder Rahmen und stöberte auf ebay einige Wochen herum. Das „Lambada“ war damals kein besonders hochwertiges Bike und eher mit mittelklasse Komponenten ausgestattet. Auch wurde es in dieser Farbkombination nicht besonders häufig produziert und in Europa vertrieben. Entsprechend gestaltete sich die Suche auch länger als ich anfangs dachte und erst nach 3 Monaten fand ich ein Inserat in der Nähe von Hamburg, wo das Bike angeboten wurde. Der Zustand war ok, altersgemäße Gebrauchsspuren vorhanden, aber alles in allem eine gute Basis ohne größere Schäden. Also erstand ich das Rad für € 60,- und wenige Tage später begann ich es zu zerlegen. Die meisten der verbauten Komponenten entsorgte ich und behielt nur ein paar wenige Originalteile. Wie zum Beispiel die dicken Gummigriffe, die ich auch 35 Jahre später noch in guter Erinnerung hatte.
Mein Ziel war es, den Rahmen zu reinigen, zu konservieren, minimle Ausbesserungen vorzunehmen, aber die Patina und Gebrauchsspuren zu erhalten. Neue Decals etc. kamen nicht in Frage. Dank einer sehr gut erhalten Shimano Deore LX Gruppe, konnte ich das Bike mit einem fast neuen Innenlager, Steuersatz und Antrieb ausstatten und auch die Bremsanlage wurde passend mit schwarzen LX Komponenten ausgewählt. Lenker und Vorbau wurden ebenfalls gereinigt, aber auch hier die altersbedingten Kratzer und Lackplatzer erhalten. Zum Abrunden verbaute ich noch einen grellen und natürlich – neonfarbenen – Gapäckträger. Dieser passte vom Farbton nicht 100% doch irgendwie dann doch. Zum Schluss montierte ich noch neue Maxxis 26″ Reifen, da das Bike mit den porösen Originalreifen dann doch wohl etwas zu gefährlich gewesen wäre. Fertig.
Da mich bei einem Retro-Projekt vornehmlich der Prozess des Suchens, des Ausbesserns, Aufarbeiten und Aufbauen faszieniert und begeistert, beschloss ich das Rad nicht zu behalten. Schon während der Fertigstellung entschied ich mich dafür, das Raleigh „Lambada“ meiner Schwester zu schenken. Das Rad ist eine schöne Erinnerung an ihr erstes richtiges Mountainbike, die ersten längeren Touren durch den Wald und die Region und einfach an eine tolle Zeit. Ich hoffe sie hält es in Ehren.
Ok und jetzt auf zum nächsten Retro / Vintage Projekt …